Mülheim an der Ruhr

Etatrede des Fraktionsvorsitzenden Peter Beitz

12. November 2021

Hier wird heute ein Etat beschlossen,
an anderer Stelle wird der Karneval begossen,
ein Narr wie ich der sieht betroffen,
Zusammenhänge sind nicht ausgeschlossen.

Vielen Dank. Damit genug.

Zu Beginn, damit es nachher nicht verlorengeht, bedanke ich mich bei allen Mitarbeitern in der Verwaltung, die diesen Etat erarbeitet haben. Den Kämmerer ziehe ich bei diesem Dank mit ein. Ich bedanke mich bei meiner Fraktion und wie immer bei unseren Lebenspartnern, Gatten und Gattinnen für die Zeit, die sie uns für dieses Tun schenken: Vielen Dank!

Am 26.08.2021 brachte der Kämmerer den Haushaltsentwurf für die Jahre 22 23 als Doppelhaushalt ein.

Es waren wie immer beeindruckende Zahlen:

  • Ergebnisplan und Finanzplan,
  • Kreditermächtigungen für Investitionen,
  • Verpflichtungsermächtigungen,
  • Ausgleichsrücklage und allgemeine Rücklage,
  • Kredite zur Liquiditätssicherung,
  • Stellenplan,
  • usw.

Wir bewegen einen Haushalt von über 2 Mrd. €. Das halte ich nach wie vor für Freizeitpolitiker monströs gewaltig groß. Ich bin weiterhin der Meinung, dass die Fraktionen besser ausgerüstet werden müssen mit Personal oder Beratungsleistung über das aktuelle Maß hinaus. Um den Spezialisten auf Fachaugenhöhe entgegenzutreten ist dies nötig. Eine angemessene Kontrolle muss gesichert werden. Warum halte ich das für wichtig?

Der Schuldenberg ist in den vergangenen Jahrzenten explosionsartig gewachsen.

Es gab immer Mehrheiten im Rat der Stadt die besser ausgeben als einnehmen konnten. Es gab immer eine Verwaltung, die in der Lage war, ihre Wünsche durchzusetzen. Lange Zeit lautete der Finanzierungsvorschlag: Das Geld wird bereitgestellt! Im Klartext: Der Kämmerer machte neue Schulden.

Irgendwann war es zu spät.

Nun gab es Haushalssicherungskonzepte, Haushaltssanierungsplan, Haushaltsssicherungsmassnahmen, Aufsicht der Bezirksregierung, Androhungen eines Sparkommissars, Teilnahme am Stärkungspakt.

Es gab nur ein Problem, Teile der MHer Politiklandschaft haben Politik nur als Verteilen von Geschenken gelernt. Maßnahmen wie beispielsweise Einsparungen im ÖPNV, Umbau der Sozialverwaltung, Controlling und Budgetbildung waren nicht vorgesehen. Statt eigene Sparbemühungen wurden Gebühren und Steuern erhöht, bis der letzte Bürger unzufrieden wurde.

Aber das ist nun nicht mehr so. Wer unser MH ernsthaft wieder ins Geschäft bringen will sieht ein, dass Einschnitte für eine Zeit sein müssen um wieder Spielraum, finanziellen Spielraum, zu bekommen.

Diesmal wurden die Ziele eingehalten und die Ergebnisse liegen knapp oberhalb der Nulllinie. Das bedeutet konkret, das es keine weiteren Erhöhungen von Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze gibt.

Die Corona bedingten Ausfälle werden vom Land durch das  „Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte im Land Nordrhein-Westfalen (NKF-COVID-19-Isolierungsgesetz – NKF-CIG)“ ausgeglichen. Es ist klar, dass es kein Geschenk ist, sondern es wird den Haushalt ab 2025 durch Abschreibungen belasten.

Wichtig für Mülheim ist die Zusage das dieses Gesetz auch einen Doppelhaushalt zulässt. In der vergangenen Haushaltsperiode wurden die wichtigsten Hausaufgaben gemacht und die Rahmenbedingungen eingehalten. Der vorgelegte Haushaltsentwurf zeigt aber auch einige Punkte, die von der FDP-Fraktion kritisch betrachtet werden.

Unser Mülheim ist verpflichtet klimaneutral zu werden. Das Vorgehen muss aber klug und pragmatisch sein. Klimaschutz in MH sieht anders aus als Klimaschutz an der Nordseeküste oder in den Alpen. Richtig ist das die Innenstadt überhitzt und bei Starkregen anfällig für Über- und Unterspülungen ist. Das Modewort für einen neuen Stadtumbau lautet Resilienz: Anpassungsfähigkeit, ist der Prozess, in dem Personen und Systeme auf Probleme und Veränderungen mit Anpassung ihres Verhaltens reagieren.

Diese Anpassungsfähigkeit ist aber vor Ort immer neu zu definieren und kann nicht holzschnittartig von einem allgemeinen Muster kopiert werden. Ein Stichwort lautet Schwammstadt, eine Stadt die Wärme und oder auch Regenwasser zwischenspeichert und nach und nach wieder freigibt. Dazu gehören Begrünungen, grüne Dächer und Wände., bewachsen mit Grass oder ähnlich widerstandsfähige Pflanzen. Im Rahmen von Innstadtprogrammen muss das dann auch stärker gefördert werden.

Zwei Beispiele an denen ich fest mache, dass die Anpassungsfähigkeit in Mülheim nicht fertig gedacht ist:

Der Umbau der städtischen Infrastruktur zu Schnellfahrradstraßen.

Das führt zu längeren Standzeiten des motorisierten Verkehrs. Ein rollender Verkehr ist immer sauberer als ruhender Verkehr mit laufenden Motor. Der Motorisierte Personenverkehr wird in naher Zukunft elektrisch oder klimaneutral sein. Trotzdem wird er benachteiligt. Der Mülheimer Bürger will nicht erzogen, sondern beteiligt werden. Nicht jeder kann auf Fahrrad umsteigen.

Eine Ersatzmöglichkeit ist der öffentliche Personen Nahverkehr (ÖPNV).

Der Umbau des Nahverkehrs muss beschleunigt werden, auch um von den 30 Mio. € jährlichen Defizits herunterzukommen.

Richtig: Infrastruktur kostet Geld. Es muss aber klug eingesetzt werden.

Zurzeit fahren viele leere Straßenbahnen durch die Stadt. Straßen werden für Busse unpassierbar, bzw. können die Zeiten nicht einhalten. Neue Formen von on-demand Angeboten müssen weiter gefördert werden. So sind auch vermeintlich unrentable Linie zu entfernten Standorten rentabel zu gestalten. Wenn der Mülheimer Bürger umsteigen kann muss das Angebot deutlich verbessert werden aber ohne ein Aufblähen der Kosten.

Ein drittes Thema.

Resilienz bedeutet auch die Digitalisierung des Rathauses. Ein Megathema der nächsten Jahre. Die Pandemie hat gezeigt, wie wenig Digitalisierung in der Verwaltung funktioniert. Seit vielen Jahren wurden Arbeits- und Steuerungsgruppen installiert, Aufträge zur Bedarfsermittlung herausgegeben. Passiert ist offensichtlich nicht viel. Digitalisierung bedeutet nicht neben der Schreibmaschine einen Computer zu stellen und ihn dann wie eine Schreibmaschine zu benutzten. Dokumenten Management System muss nicht neu erfunden werden, andere haben die Lösungen schon erarbeitet und können übernommen werden.

Meine Damen und Herren,

die FDP-Fraktion wird den vorgelegten Haushaltsentwurf mittragen. Wir werden aber besonderes Augenmerk darauflegen, dass Mehreinahmen zum Abbau von Hebesätzen und Gebühren eingesetzt werden und nicht zur Erfüllung von Einzelinteressen. Mülheim muss die Spitzengruppe der höchsten Gebührensätze verlassen und wieder in die Spitzengruppe schöner Städte rücken.

Ich möchte an dieser Stelle auch mit Blick nach Berlin Konrad Adenauer zitieren:

„Man darf niemals ‚zu spät‘ sagen. Auch in der Politik ist es niemals zu spät. Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang.“

Vielen Dank

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